Bei einer routinemäßigen Untersuchung von Abwasserproben haben Experten des Robert Koch-Instituts (RKI) in Deutschland das Vorhandensein des wilden Poliovirus Typ 1 (WPV1) festgestellt. Wie das Institut gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters mitteilte, handelt es sich um den ersten Fund dieser Art seit vielen Jahren. Bisher wurde jedoch kein einziger Fall einer Infektion beim Menschen registriert. Der genaue Ort der Probenentnahme wird aus Datenschutzgründen nicht bekannt gegeben.
Nach Einschätzung des RKI ist das Risiko für die Bevölkerung „sehr gering“. Dies liegt vor allem an der hohen Impfquote gegen Poliomyelitis in Deutschland, die für einen starken Gemeinschaftsschutz sorgt. Seit den 1960er-Jahren gilt das Virus in Deutschland als ausgerottet. Der aktuelle Nachweis erinnert jedoch daran, wie wichtig eine kontinuierliche Überwachung und Analyse von Abwässern für die Früherkennung möglicher Infektionsgefahren bleibt.
Poliomyelitis ist eine hochansteckende Viruskrankheit, die häufig ohne Symptome verläuft, in einigen Fällen jedoch grippeähnliche Beschwerden wie Halsschmerzen, Fieber, Müdigkeit und Übelkeit verursacht. In seltenen Fällen kann das Virus das Nervensystem angreifen und zu dauerhafter Lähmung führen. Wenn lebenswichtige Organe wie Herz oder Atmungssystem betroffen sind, kann die Krankheit tödlich verlaufen. Eine Infektion erfolgt meist fäkal-oral – also durch Kontakt mit verunreinigtem Wasser oder Händen.
Fachleute erklären, dass sich Polioviren nach einer Infektion rasch in den Zellen des Darms vermehren und anschließend über den Stuhl ausgeschieden werden. Dadurch gelangen sie in die Kanalisation, wo sie in Abwasserproben nachgewiesen werden können. Die Überwachung der Abwassersysteme gilt daher als ein entscheidendes Mittel, um potenzielle Virusausbrüche frühzeitig zu erkennen, noch bevor erste Krankheitsfälle auftreten.
Laut dem RKI wurden bereits Ende 2024 zirkulierende Polioviren in mehreren Abwasserproben in Deutschland entdeckt. Dabei handelte es sich jedoch ausschließlich um sogenannte Impfviren des Typs 2 (cVDPV2), also abgeschwächte Virusformen, die aus Impfstoffen stammen und nur selten eine Gefahr darstellen. Der aktuelle Fund eines wilden Stammes lenkt jedoch erneut die Aufmerksamkeit auf die Bedeutung von Impfungen und die Notwendigkeit einer kontinuierlichen Überwachung der Infektionslage.
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